Der Passagier Luftschiffflughafen in Baden-Baden

Im Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg streiten Flugzeug und Luftschiff um die Vormachtsstellung und damit auch um die Zukunft der zivilen und militärischen Luftfahrt. Im Unterschied zum Flugzeug, wo ein Propeller gleichzeitig für das Tragen des Gewichts und Fortbewegung verantwortlich ist, wird beim Luftschiff die Last durch das Gas getragen, der Propeller dient lediglich der Fortbewegung.

Die Geschichte der Flugzeuge beginnt mit bescheidenen Erfolgen, am 18. Februar 1909 vermag sich Wilbur Wright ganze 18 Minuten in der Luft halten, sein Kollege Blériot kann sich ein paar Monate später bei einem Kreisflug 1500 Meter in der Luft fortbewegen. Am 25. Juli, nur ein paar Wochen später gelingt Flugpionier Blériot in 27 Minuten Flugzeit die Überquerung des Ärmelkanals zwischen Calais und Dover.

Die Geschichte der Luftschifffahrt war zu diesem Zeitpunkt schon ein ganzes Stück weiter, August 1909 hatte das Luftschiff "Zeppelin 6" seinen Flug von Friedrichshafen nach Berlin und zurück ohne Zwischenfall bewältigt. Im Jahr 1910 zählte man schon 24 Luftschiffe, darunter zwei Zeppeline in Deutschland.

Man war damals sicher, dass die Luftschiffe große Zukunftsaussichten auch in der zivilen Luftfahrt haben würden. Der damalige Oberbürgermeister (ab 1929 Ehrenbürger) der Stadt Baden-Baden Fieser wollte dies für seine Stadt nützen und so den Anschluss Baden-Badens an den Weltverkehr sichern.

Im Mai 1909 fanden erste Verhandlungen über eine Luftschiffstation zwischen Vertretern der Stadt Baden Baden und Graf Ferdinand von Zeppelin statt. Im September kommt das Luftschiff "Zeppelin III." nach Baden-Baden, fliegt einige Runden über der Stadt und die Bürger bestaunen die "fliegende Riesen-Zigarre". Die Werbebotschaft erreicht ihr Ziel, die Verhandlungen machen einen riesigen Schritt nach vorne.  

Im November 1909 wird die "Deutsche Luftschifffahrt-Aktien Gesellschaft" gegründet, die Stadt Baden-Baden beteiligt sich an der Gründung mit einem fünf- prozentigem Anteil. Auch die Suche nach einem Platz für den Luftschiffflughafen ist erfolgreich, im Stadtteil Oos wird ein geeignetes Gelände gefunden. Die Verhandlungen mit 260 Besitzern mit Gelände im zukünftigen Luftschiffflughafen können beginnen, wer nicht verkaufen will, wird enteignet.

Anfang 1910 wird mit dem Bau der 148 Meter langen und 25 Meter breiten Luftschiffhalle, einem Werkstattgebäude und den notwendigen Gleisarbeiten zur Anfahrt der Gasflaschen begonnen. Auf dem Gelände des Passagierlufthafen wurden in einem Lager über 12.000 Kubikmeter Wasserstoff gelagert, ein Umstand, der, denkt man an die damaligen Sicherheitsvorkehrungen, heute wohl undenkbar wäre.

Im Juni 1910 findet im Kurhaus Baden-Baden die "1. Generalversammlung der Deutschen-Luft-Schiffahrts AG (DELAG) statt. Am 21. August, genau in der Zeit der "Großen Woche" auf der Iffezheimer Pferde-Rennbahn wird der erste Passagierlufthafen Deutschlands in Baden-Oos eröffnet. Kurz nach elf Uhr ist es soweit, aus der Zeppelinwerft in Friedrichshafen kommt das Luftschiff mit 60 Stundenkilometer und schwebt so zwischen Fremersberg und Korbmattfelsen heran, zieht noch eine Schleife über der Stadt. Unter der Beteiligung vieler tausender Zuschauer wird das 144 Meter lange Luftschiff "Zeppelin VI." am betonierten Haltepunkt festgemacht, später in die große Luftschiffhalle gebracht.

Am 23. August macht das Luftschiff "Zeppelin 6." seinen ersten Start in Baden-Baden, an der ersten offizielle Passagierfahrt beteiligen sich zwölf Passagiere die für die knapp zweistündige Fahrt je 200 Mark bezahlen "durften". Von nun an wurden fast täglich Rundfahrten durchgeführt.

Am 25. August kommt Graf Ferdinand von Zeppelin mit dem Schnellzug nach Baden-Baden, bei der Einfahrt in den Bahnhof wird er vom Luftschiff "Zeppelin 6." empfangen, das über dem Bahnhof schwebt.

Am 29. August besuchen Großherzog Friedrich II. und Großherzogin Hilda die Luftschiffhalle, dem Herrscherpaar wird, begleitet von Oberbürgermeister Fieser, eine technische Vorführung geboten.

Im September 1910 geschah das erste Unglück, ein Monteur hatte in der Halle mit Benzin geputzt, was bei einer Fehlzündung beim Start des Luftschiffes eine Stichflamme auslöste. Dadurch, dass der Wasserstoff nach außen gedrängt wurde, nahm die Halle kaum Schaden, das Luftschiff "Zeppelin 6." brannte allerdings bis auf ein Aluminiumgerippe, ein paar Tuchfetzen und Maschinenteilen aus.

Am 27. September wird Graf Ferdinand von Zeppelin zum Ehrenbürger der Stadt Baden-Baden ernannt.

Mit dem Luftschiff "Zeppelin 10 Schwaben." werden im August 1911 wieder mit Passagierfahrten begonnen, im Mai 1912 folgt mit der "Zeppelin 12 Viktoria Luise" ein weiteres Luftschiff.

Im Juni 1913 kommt Graf Ferdinand von Zeppelin wieder nach Baden-Baden, auf dem Passagierlufthafen startet der Graf mit der "Sachsen" zur ersten Zeppelin Fernfahrt von Baden aus, bei der Ankunft nach acht Stunden wird die "Sachsen" in Wien begeistert begrüßt.

Am 16. August 1913 wird der Betrieb der Merkur Bergbahn unter Anwesenheit zahlreicher, sogar internationaler Gäste, von Oberbürgermeister Fieser eröffnet. Über der Merkurbahn schwebte das aus der Zeppelinwerft in Baden-Oos untergebrachte Luftschiff "Viktoria Luise".

Im Jahr 1914, mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs, übernehmen die Militärs den Flughafen, nach Ende des Krieges wird der Flughafen Opfer der Abrüstung, da Baden-Baden im Bereich der 50 km breiten entmilitarisierten Zone liegt. Auf Anordnung der Interalliierten Luftüberwachung wird die große Luftschiffhalle abgebaut.

Somit hat schon nach wenigen Jahren das Kapital des Zeppelin in Baden-Baden wieder ein Ende gefunden. Die Geschichte des Baden-Badener Flugplatzes für normale Flugzeuge hatte zu dieser Zeit aber bereits begonnen. Mehr dazu an anderer Stelle.