Das Gebiet des "Hoher Ochsenkopf" gehört zu den weniger bekannten, daher auch nicht überlaufenen Bereichen im Nationalpark, ein guter Grund an einer Rangerführung teilzunehmen um mehr über den Hohen Ochsenkopf zu erfahren. Treffpunkt zu diesem verlockenden Angebot aus dem Jahresprogramm des Jahr 2018 war der Parkplatz Hundseck an der Schwarzwaldhochstraße. Etwa zehn interessierte und wissbegierige Wanderer hatten sich eingefunden um im nördlichen Teil des Nationalparks auf Erkundungstour zu gehen. Luis Scheuermann, Ranger und Pädagoge im Nationalpark Schwarzwald führte die Teilnehmer der Exkursion zum Hohen Ochsenkopf.
Zunächst mal wichtig: Bestandteil dieses Artikels sind die Informationen der Führung die ich im September gemacht habe, die vielen Kleinigkeiten, Anekdoten und die Gespräche mit anderen Teilnehmen die den Spaßfaktor so einer Führung ausmachen, können wir natürlich nicht wiedergeben. Ich schreibe nur über eine Führung, letztlich ist jede Führung anders, nur das Rahmengerüst dürfte ähnlich sein... Also die Führung am Besten selbst mitmachen....
Ich habe zu einigen angesprochenen Themen etwas weiter ausgeholt und eigenen Wissenstand und was ich recherchiert habe hinzugefügt....zudem habe ich mich dafür entschieden im Artikel nur die wichtigsten Informationen wiederzugeben, wenn Sie einen Artikel möchten mit "dann sind wir über diesen Baum geklettert, hier haben wir Pause gemacht etc." dann werden Sie nicht das finden was Sie erwarten...
Geschichte Hoher Ochsenkopf
Vor dem Eingreifen des Menschen, war der Hohe Ochsenkopf überwiegend mit Buchen und Weißtannen bewachsen, große Teile der Waldfläche wurden gerodet, da der Menschen die Fläche zur Viehbeweidung brauchte. Die wurde zwar Anfang des 19. Jahrhunderts eingestellt, bis in die 1920er Jahre wurden die Flächen aber noch gemäht. Die Folge dieser Jahrhunderte lange Beweidung war eine Verdichtung und Versauerung der Böden, die Grindenflächen entstanden. Als diese nicht mehr benötigt wurde, eroberte der Wald schnell den damals kahlen Ochsenkopf zurück und konnte sich fast ohne menschlichen Einfluss frei entwickeln.
Schon seit den 70er Jahren wird der Wald am Hohen Ochsenkopf wohl aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt, bereits 1970 wurde eine 41,1 ha große Fläche zum Bannwald und dieser wiederum 1985 zum Naturschutzgebiet erklärt. Zum Schutz des Auerwilds wurden 1986 um den Hohen Ochsenkopf herum 600 Hektar zum Vogelschutzgebiet der Natura 2000 ernannt. Vom 427 Hektar großen Schonwald Nägeliskopf umgeben, wurde der Bannwald auf 100,7 Hektar im Jahr 2000 ergänzt. Seit 2014 liegt dieses Naturschutzgebiet und Bannwald mit der Gründung des Nationalpark Schwarzwald in dessen Nordteil.
Deutlich sichtbar sind noch die Spuren die Orkan Lothar Weihnachten 1999 hinterlassen hat. Doch entwickelt sich diese Fläche bereits zu einem jungen Bergmischwald aus Laubbäumen und höherem Anteil an Weißtannen.
Was ist der Unterschied zwischen einem Nationalpark und Naturpark?
Nationalpark
Ein Nationalpark ist ein Schutzgebiet mit einer Mindestgröße von 10.000 ha und wird im Auftrag der Regierung verwaltet. Ökologisch besonders wertvolle Gebiete werden soweit als möglich der natürlichen Entwicklung überlassen und vor ungewollten Eingriffen geschützt. Koordiniert wird der Naturschutz von der IUCN = International Union for Conservation of Nature (Internationale Union zur Bewahrung der Natur).
Naturpark
Bei einem Naturpark handelt es sich um einen geschützten Landschaftsraum. Durch Einwirken, Nutzen und Bewirtschaften über lange Zeit entstand eine wertvolle Kulturlandschaft, die in dieser Form erhalten bleiben soll und touristisch vermarktet wird.
In Deutschland gibt es derzeit 105 von den Ländern gemeldete Naturparke (Stand 2018), hiervon in Baden-Württemberg sieben Naturparke, die etwa ein Drittel der Landesfläche einnehmen.
Der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord ist ein Verein. Die Mitglieder setzen sich aus Städte und Gemeinden, Land- und Stadtkreise und wichtigen Verbänden aus der Region zusammen.
In diesem Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord liegt der Nationalpark Schwarzwald
Der 10.062 ha große Nationalpark Schwarzwald ist ein Entwicklungsnationalpark, die Waldflächen sind ausschließlich Staatswald und in Zonen aufgeteilt:
Entwicklungszone
Der Mensch darf in die Dynamik der Waldentwicklung bis 2044 eingreifen und wenn nötig die Waldstruktur lenken. Das Wachstum von Buchen und Tannen soll gefördert werden. Im Nationalparkplan ist festgelegt, welche Maßnahmen umgesetzt werden.
Managementzone
Die Ausbreitung des Borkenkäfers auf umliegende Wälder soll verhindert werden. Liegt außerhalb der Nationalparkgrenze Privatwald befindet sich innerhalb der Grenze eine 100 Meter breite Pufferzone, in der das Borkenkäfermanagement betrieben wird. Stoßen an die Grenzen Waldflächen aus Staatswald an, liegt die Pufferzone außerhalb des Nationalparks. Die Kontrolle der Borkenkäfer Claims, welche je 100 Meter aufgebaut sind, erfolgt durch die Waldarbeiter des Forst BW.
Ebenfalls in der Managementzone liegen die Grindenflächen, Ziel ist es diese durch Grindenpflege mit Weidetieren wie Heckrind, Schafen und dem Hinterwälder Weiderind zu erhalten und miteinander zu vernetzen. Auf diese Weise sollen auch Biotop- und Artenschutzziele gesichert werden.
Kernzone
Die Bereiche von Plättig, Hoher Ochsenkopf/Nägeliskopf im Nordteil und Wilder See/Kleemüsse in der Mitte sowie Buhlbachsee/Hechliskopf im Süden des Südteils befinden sich seit Gründung des Nationalpark Schwarzwald in der Kernzone. Das Motto Natur Natur sein lassen wird hier umgesetzt. Der Wald wird sich selbst überlassen und darf sich in seiner eigenen Dynamik entwickeln. 2044 müssen drei Viertel der Gesamtfläche in die Kernzone übergegangen sein. Besucher/innen dürfen unter Einhaltung der Schutzvorschriften den Nationalpark auf den ausgewiesenen Wegen betreten.
Vogelwelt im Nationalpark
Der Tannenhäher, ein Vogel aus der Familie der Rabenvögel, stellt eine Besonderheit dar, denn er ist der schlauste Vogel im Nordschwarzwald. Mit seiner Gedächtnisleistung ist er in er Lage bis zu 500 Futterverstecke wieder zu finden. Sein Lebensraum findet sich auch in den Arvenwäldern der Alpen als Verbreiter der Baumart bei uns besser unter Zirpelkiefer bekannt. Er ist das Wappentier des 1914 gegründeten Schweizer Nationalparks.
Im angrenzenden Nägeliskopf konnte man ein Brutpaar des am seltensten vorkommenden Specht in Deutschland verzeichnen: der Dreizehenspecht. Leidet er doch stark unter mangelndem Lebensraum, weil er Totholzwald benötigt. Er brütet in stehendem Totholz, ernährt sich vom Borkenkäfer und füttert die Jungvögel mit Bockkäfern. Im Nationalpark hat er eine echte Überlebenschance, vorausgesetzt es mangelt nicht an absterbenden Bäumen und den Borkenkäfern.
Die Grenze an der wir den Nationalpark betreten ist nach einem sanften Anstieg bald erreicht. Über die Dreikohlplatten gelangen wir zum Einstieg des Beckerwegs der um den Hohen Ochsenkopf am Teufelskamin vorbei leitet.
Wir jedoch wollen zum Gipfel des Hohen Ochsenkopf, an welchem von 1902 bis 1927 ein Holzturm stand, der durch einen Buntsandstein ersetzt wurde. Dieser jedoch nach einem Blitzeinschlag im Jahr 1971 aus Sicherheitsgründen gesprengt wurde. Noch heute sind die Mauerreste sichtbar, Vegetation breitet sich darauf aus.
Nachstehend zwei Fotos des Trümmerhaufens im Jahr 2010 und 2018 zum Vergleich
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Das Wegenetz im Nationalpark Schwarzwald
In einem Nationalpark werden nicht mehr so viele Wege benötigt, es wird ja kein mehr Holz geschlagen. Von ehemals 1600 km Wegen, wurde das Wegenetz auf 400 km reduziert.So werden die Flächen beruhigt und die Rückzugsgebiete für die Wildtiere erweitert.
Welchen Zweck soll ein Wald erfüllen?
Der Wald dient als Lebensraum für Pflanzen und Tiere und dem Menschen als Naherholungsraum. Es soll nicht nur Holz erwirtschaftet werden.
Der Schwarzwald
Der Schwarzwald liegt im Südwesten Baden-Württembergs und grenzt an Frankreich an. Als das Höchste und Größte zusammenhängende Mittelgebirge in Deutschland gliedert er sich in den Südschwarzwald, Hochschwarzwald, Mittleren Schwarzwald und den Nordschwarzwald. Die Landschaft des Schwarzwald ist ein Mosaik aus Blumenwiesen, weite Wälder und saftige Weideflächen. Der Schwarzwald mit seinen Naturparken und dem Nationalpark ist ein Biosphärengebiet, in dem das Zusammenleben von Mensch und Natur in Einklang gebracht wird. In Forschung und Wissenschaft liefern die Biosphärengebiete im Schwarzwald immer wieder wichtige Ergebnisse über das Zusammenspiel von natürlichen, gesellschaftlichen und auch wirtschaftlichen Faktoren. http://www.biosphaerengebiet-schwarzwald.de/natur-und-lebensraeume/
Der Südschwarzwald ist geprägt und Wäldern, Feldern und eingeschnittenen Tälern mit Höhenunterschieden zwischen 310 auf bis zu 1420 Metern auf dichtem Raum. Im mittleren Schwarzwald finden sich vorwiegend Weinberge und in Richtung Rhein Kastanienwälder.
Bekannt durch sein rauhes Klima und den höchsten Niederschlägen findet man im Nordschwarzwald Waldstrukturen aus Natur-, Bann- und Schonwäldern in zusammenhängenden Staatswaldflächen.
Der Klimawandel und seine Auswirkungen
Man kann den Klimawandel nicht einfach ignorieren. Wer meint der Klimawandel ist eine Lüge, der irrt. Man muss kein Wissenschaftler sein, um zu erkennen, dass die Erderwärmung voranschreitet. Lange Trockenperioden, Unwetterartige Regenfälle und Orkanartige Stürme, das Abschmelzen der Gletscher, all diese Faktoren sind nicht zu übersehen. Der Klimawandel wird langfristig die Natur verändern.
Mit zunehmenden Hitze- und Trockenperioden, werden Nadelbäume wie die Fichte in unseren Wäldern keine Überlebenschance haben. Eine Alternative könnte die hier nicht heimische, aus dem Westen Nordamerikas stammende Douglasie sein, denn sie kommt mit längerer Trockenheit besser zurecht, einfach eine Baumsorte nehmen die mit trockenerem Klima zurecht kommt, geht aber nicht, da auch andere Faktoren wie die Zusammensetzung des Bodens entscheidend für das Wachstum sind. Pflanzen und Tiere, die im Schwarzwald mit den Klimabedingungen nicht zurecht kommen, werden in höhere Lagen abwandern oder gar aussterben. Dafür werden sich jedoch Tier- und Pflanzenarten aus niedereren Lagen ansiedeln.
Die Fichte, war einst der Brotbaum des armen Mannes
Das Holz war ein wichtiger Rohstoff. Nicht nur als Brennmaterial oder im Hausbau wurde es verwendet. Eisenerz zu verarbeiten funktionierte nur mit hohen Temperaturen, die nur mit der Holzkohle zu erreichen war. Ebenso hielt die Flößerei im 18. Jahrhundert im Nordschwarzwald Einzug. Folge war, die Schwarzwaldhöhen waren um 1820 beinahe kahl. Man begann mit Samen aus Kölner Fichten die Flächen wieder aufzuforsten, schnellwüchsig und schmal, in 80 – 100 Jahren erntefähig.
Die Fichte erreicht in einem Wirtschaftswald ein Durchschnittsalter von ca. 80 – 100 Jahren, Buchen werden 100 – 120 Jahre alt.
Der Mehrwert eines Baumes im Nationalpark
In einem Nationalpark kann eine Fichte zwischen 800 und 900 Jahre alt werden, erst wenn die Fichte ihre "Jugendzeit" abgeschlossen hat, weitere Lebensphasen durchmacht bringt sie einen Mehrwert für den Nationalpark. Vom Zeitpunkt wenn die ersten vertrockneten Äste der Bäume abbrechen bis die letzte Nadel oder das letzte Blatt abgefallen ist können viele Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte verstreichen. Dann wird die Altersphase des Baumes von der Zerfallsphase abgelöst. Der abgestorbene Baum steht nackt wie eine silbergraue Silhouette im Wald und spendet nun Lebensraum für Käfer, Spinnen, Pilze oder Spechte.
Nach einer Pause bei den Trümmerresten am Hohen Ochsenkopf setzen wir die Exkursion fort.
Das uns nun erscheinende Waldbild zeugt von einem ca. 1 Hektar großen als "Borkenkäferloch" bezeichneten Gebiet. An totem Holz sind deutlich die Holzzersetzungsprozesse durch Braunfäule und Weißfäule erkennbar.
Braunfäule
Der Zelluloseabbau durch Pilze wird als Braunfäule bezeichnet, übrig bleibt das Lignin, dunkelbraun, bröselig und würfelförmig.
Weißfäule
Bei der Weißfäule wird das braune Lignin abgebaut, übrig bleibt Zellulose, faserig, hell oder beinahe weiß, Wasserspeicher und Lebensraum für Kleintiere.
Mit Heidelbeeren und Heidesträuchern, Moosen, Farne und Flechten, Pionierbäumen wie Vogelbeere und Birke sowie Kieferbäumen entstand zwischen stehendem und liegendem Totholz ein junger lichtdurchflutender und Deckung spendender Bergmischwald. Ein Lebensraum, wie es das Auerwild benötigt.
Auerhahn und Auerhenne
Auerhahn und Auerhenne ernähren sich hauptsächlich von Heidelbeeren, deren Blätter, Trieben und Knospen, im Winter Kiefernadeln. Dabei nehmen Sie immer wieder kleine Steinchen zu sich, die im Muskelmagen die Nadeln zerrreiben und ihnen die Nährstoffe entziehen. Um die so schwer verdauliche und nährstoffarme Nahrung zu verdauen helfen zwei lange Blinddärme.
Bestand des Auerhahns
Nur noch etwa 300 Stück des Auerwilds leben dato im gesamten Schwarzwald, etwa die gleiche Anzahl jeweils von Auerhahn und Auerhenne. Der Bestand teilt sich auf in Südschwarzwald etwa 1/3 und Nordschwarzwald 2/3. Im Nationalpark zählt man hiervon nicht ganz 50 Stück jeden Geschlechts. Leider ermöglichen die landschaftlichen Bedingungen kein genetischer Austausch zwischen Nord- und Südschwarzwald.
So wandern wir langsam abwärts über Wurzeln und Steine durch Heidelbeersträucher, Heiden, Gräsern, Farne sowie Laub- und Nadelbäumen bis der urwüchsige Pfad auf den Beckerweg trifft.
Dem Pfad auf dem Beckerweg durch den Bannwald nach links gefolgt, schlängeln wir uns auf dem mit Wurzeln, Steinen und Morast verwachsenen Fußpfad. Der Wald öffnet sich und wir erhalten Ausblicke auf Herrenwies, dem Wanderheim und der Badener Höhe mit Friedrichsturm. Bald erreichen wir die Abzweigung, an der sich der Pfad zum Gipfel des Hohen Ochsenkopfs gabelt und der Anfang unseres Rundwegs ist erreicht. Zurück geht es dann nach rechts auf dem gleichen Weg bis zur Hundseck.
Ein spannender und sehr interessanter Vormittag durch die Wildnis des Hohen Ochsenkopf im Nationalpark geht zu Ende.




