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Totholz im Nationalpark SchwarzwaldMit der Nationalparkleitung unterwegs auf dem Wildnispfad

Bei der Führung auf dem Wildnispfad, einer der Kernzonen im Nationalpark wurde das Thema Pilze behandelt, dabei ging es aber nicht um Speisepilze. Die Vielfalt der Pilze, die übrigens enger mit Tieren als mit Pflanzen verwandt sind ist viel größer. Einige dieser Pilze nebst ihren faszinierenden Aufgaben im Wald konnten wir bei dieser Führung im August 2018 erfahren.

Ich habe zu den einigen bei der Führung angesprochenen Themen etwas weiter ausgeholt und eigenen Wissenstand und was ich recherchiert habe zugefügt....zudem habe ich mich dafür entschieden im Artikel die wichtigsten Informationen wiederzugeben, wenn Sie einen Artikel möchten mit "dann sind wir über diesen Baum geklettert, hier haben wir Pause gemacht etc." dann werden Sie nicht das finden was Sie erwarten...

Wie bei jeder Führung erfahren die Teilnehmer erstmal etwas über den Nationalpark Schwarzwald, der Gründungsgeschichte und die Größe und Zonen des Parks. Ebenso wird der Nutzen für Mensch und Tier und auch etwas über die Geschichte der Nationalparke weltweit erklärt:

Nationalpark

Ein Nationalpark ist ein Schutzgebiet von ökologisch hohem Wert mit einer Größe von mindestens 10.000 ha. Die Natur darf sich im Nationalpark in ihrer eigenen Dynamik frei entwickeln, eine wirtschaftliche Nutzung durch den Menschen ist ausgeschlossen. Die ökologische Unversehrtheit eines oder mehrerer Ökosysteme soll in einem Nationalpark gesichert sein und Angebote zur Naturerfahrung, Forschung, Bildung sowie Erholung gefördert werden.
Die Geschichte der Nationalparke reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück. Der Gründung des ersten Nationalparks in der USA lag die Idee zugrunde, der Menschheit die herausragende Schönheit dieser Naturlandschaft zu bewahren. Mit dem Yellowstone Nationalpark wurde weltweit der erste Nationalpark im Jahr 1872 gegründet, ihm ging die Gründung des Schutzgebiet Yosemite 1864 voraus. In Europa wurde der erste Nationalpark 1909 in Schweden gegründet.

Der jüngste von 16 Nationalparks in Deutschland ist der 2015 gegründete Nationalpark Hunsrück-Hochwald, ältester seit 1970 der Nationalpark Bayrischer Wald, 1978 der Nationalpark Berchtesgaden, 1985 Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, 1986 Niedersächsisches Wattenmeer, der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft wurde ein Tag vor der Wiedervereinigung Deutschlands gegründet.

Nicht einfach war der Weg bis zur Gründung des Nationalpark Schwarzwald. Zu Beginn der 90er Jahre wurde schon einmal versucht einen Nationalpark im Schwarzwald zu errichten. Die zahlreichen Proteste von Bürgern und der Unwillen bei den Politikern ließen das Projekt damals nicht verwirklichen. Dass es dann doch noch erfolgreich umgesetzt werden konnte, liegt auch daran, dass die Bundesregierung im Jahr 2007 eine nationale Strategie zur biologischen Vielfalt einleitete.

Ziel der Bundesregierung war, dass bis zum Jahr 2020 2 % der Waldfläche Deutschlands als Schutzgebiet ausgewiesen wird, mit jetzt gerade mal 0,7 %, ist das Ziel aber noch in weiter Ferne…

Doch kommen wir jetzt zum eigentlichen Thema dieser Führung, auf dem Wildnispfad konnten wir so einiges entdecken.

Pilze

Ist der Pilz nun eine Pflanze oder ein Tier, oder keines von beidem? Der größte Unterschied zu Pflanzen, Pilze können keine Energie aus Sonnenlicht gewinnen. Pilze sind wie Tiere auf organische Nährstoffe angewiesen, sie nehmen die Nahrung durch die Zellwand auf.

Von den Pilzen sehen wir meistens nur den Fruchtkörper die aus der Erde herauskommen, das Pilzgeflecht, das den größten Teil des Pilzes ausmacht, wächst im Boden. Für das Ökosystem eines sich selbst überlassenen Waldes sind die Pilze sehr wichtig. Abgestorbene Bäume, Laub und Nadelstreu werden von den Pilzen zersetzt und schaffen dadurch neuen Lebensraum verschiedener Insektenarten.

Viele Pilze leben in Symbiose mit Bäumen und tauschen Nährstoffe aus. Diese Mykorrhizapilze versorgen den Baum mit Wasser, filtern Schadstoffe und schützen die Wurzeln vor Krankheiten. Dafür versorgt der Baum die Pilze mit Zucker (Glucose), diesen können Sie, da ihnen die Photosynthese fehlt, selbst nicht herstellen.

Im Reich der Pilze unterteilt man nach ihrer Ernährungsweise. Demnach gibt des Schmarotzer, Zersetzer oder Partner.

Symbiose

Bei der Symbiose ziehen beide in Lebensgemeinschaft miteinander lebenden Partner Vorteile und Nutzen aus dieser Beziehung. Der größte Partner ist der Wirt, der kleinere Partner der Symbiont.

Man unterscheidet verschiedene Formen der Symbiose:

Mykorrhiza
Die Pilze sind mit dem Feinwurzelsystem einer Pflanze in Kontakt. Sie nehmen Mineralstoffe wie Phosphor, Stickstoff und Wasser aus dem Boden auf. Ein Teil davon geben sie an die Wirtspflanzen zur Ernährung ab. Im Gegenzug erhalten die Pilze von den Pflanzen Kohlenhydrate, die diese durch Photosynthese hergestellt haben, was Pilze nicht können.

Flechten
Eine Flechte ist keine Pflanze sondern eine Lebensgemeinschaft zwischen einem Pilz und einer Alge. In dieser in Symbiose lebenden Lebensgemeinschaft versorgt die Alge den Pilz mit Nährstoffen, die er selbst nicht herstellen kann. Die Alge hat keine Wurzeln, sie wird vom Pilz mit Wasser versorgt und er gibt ihr Halt.


Parasitäre Pilze
Saprobionten (Zersetzer)
Saprobionten leben in toten sich zersetzenden Substanzen wie Blätter, Äste oder ganze Bäume.

Saprophyten
Fäulnis- bzw. Moderpflanzen sind keine Pflanzen sondern Bakterien und Pilze die in totem organischem Material leben. Dies ist z.B. die Streuschicht der Wäldern, Faulschlam, Kot oder Mulm.

Ektomykorrhiza (Wurzelsymbiose)
Bei der Wurzelsymbiose dringen die feinen unterirdischen Pilzfäden nur in die Wurzelrinde ein und nicht in die Zellen.

Pilze als Abbauer von Holz

Wie artenreich ist ein Wald mit Totholz, bringt doch die Zersetzung, das Verfaulen der Bäume neues Leben hervor....

Braunfäule
Bei der Braunfäule ist das Holz nach dem Zelluloseabbau im geschädigten Bereich dunkelbraun gefärbt, übrig bleibt das braune Lignin.
Wenn das Holz trocknet schwindet es in Faserrichtung und es kommt zum Würfelbruch (Längs- und Querrisse).

Weißfäule
Bei der Weißfäule bauen Pilze den braunen Inhaltsstoff des Holzes Lignin ab, übrig bleibt die faserige weiße Zellulose.

Prof. Dr. David Hibbett von der Clark University in Worcester hat mit Genstudien zu Lignin abbauenden Weißfäulepilzen herausgefunden, dass sich die Fähigkeit zum Holzabbau vor rund 300 Millionen Jahren entwickelt hat. Das Aufkommen der holzzersetzenden Pilze und das Ende des Karbonzeitalters dürfte damit zusammenhängen. Das Karbonzeitalter war die Zeit riesiger Sumpfwälder, abgestorbene Bäume wurden in dem morastigen und sauerstoffarmen Boden nicht abgebaut. Die entstandenen Schichten aus nicht vollständig zersetztem organischen Material wurde erst Torf, dann Kohle.
Mit dem Auftreten der Weißfäulepilze endete dieser Prozess, die Sümpfe wurden in vermutlich Jahrmillionen ausgetrocknet, das Holz vollständig zersetzt und die Bildung von Kohle verhindert.

Noch müssen weitere Studien dazu betrieben werden, doch wenn diese Theorie stimmt, müssten in Zukunft zahlreiche biologische und geologische Lehrbücher umgeschrieben werden.

An dieser Stelle gibt es erstmal einige entlang der Führung gefundenen Pilze mit den dazugehörenden Bildern, Irrtümer vorbehalten, die Menge der gefundenen Pilze war einfach zu groß..... und essbar sind sie wohl alle nicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tannenstachelbart

Der Tannenstachelbart ist ein recht seltener Pilz aus der Gattung der Stachelbärte in Deutschland, der an Nadelholz wächst, sieht aus wie eine Koralle, wächst vorwiegend an Weißtannen. In der Naturheilkunde gilt er als Vitalpilz.



Fichtenzapfenrübling

DFichtenzapfenrüblingie Fruchtkörper des Fichtenzapfenrüblings wachsen auf Fichtenzapfen die herabgefallen und im Boden eingesenkt sind oder in der Erde vergraben sind.


 

 

Pilze die im medizinischen Bereich zum Einsatz kommen

Puppenkernkeule aus der Gattung Cordyceps
Auch die Puppenkernkeule ist ein Parasit, die Sporen des Pilzes befallen Larven und Puppen verschiedener Insekten und wirkt so einer Überpopulation entgegen. Doch findet das Cordyceps medizinische Anwendung z.B. nach Organtransplantationen um durch Beeinflussung des Immunsystems eine Abstoßung transplantierter Organe zu hemmen.

Schimmelpilz
Durch Zufall entdeckte Alexander Fleming, dass auf dem Nährboden einer mit Staphylokokken geimpften Agarplatte ein Schimmelpilz wuchs in dessen Nähe sich die Bakterien nicht vermehrt hatten. Den bakterientötenden Stoff aus dem Nährmedium nannte er Penicillin.


Igelstachelbart
Der Medizinalpilz Igelstachelbart kommt bei vielen neurologischen Erkrankungen wie z.B. Alzheimer-Demenz oder Multipler Sklerose zum Einsatz.

Pilze filtern nicht abbaubare Substanzen wie z.B. Ibuprofen oder Süßstoff.

An einigen Stellen entlang des Wildnispfades gab es die Gelegenheit den Teilnehmern weitere Informationen zum Wildnispfad und Nationalpark Schwarzwald zu übermitteln.

Aus der Entstehungsgeschichte des Wildnispfad

Orkan Lothar hatte am 2. Weihnachtsfeiertag 1999 große Bereiche in der Waldfläche von Baden-Baden flach gefegt. Zu diesem Zeitpunkt gehörte der Wald beim Wildnispfad der Stadt Baden-Baden, Der damalige Forstamtsleiter Dr. Anton Hammer hatte die Idee, diese Fläche Einzuzäunen um daraus einen Wildnispark zu machen. Dem stimmte der Baden-Badener Gemeinderat damals nicht zu, aber dann 10 Jahre später gab es ein wurde der Gründung des Nationalparks zugestimmt.



Der neue Adlerhorst

Adlerhorst Wildnispfad Schwarzwald NationalparkAdlerhorst Wildnispfad

Vielleicht erinnern Sie sich noch an den alten Adlerhorst auf dem Wildnispfad, den es leider aus Sicherheitsgründen nicht mehr gibt. Inzwischen steht an einem anderen Platz ein neuer Adlerhorst, eingewiehen wurde er im Jahr 2017.


32 Edelstahlschrauben halten diesen neuen fünf Tonnen schweren Adlerhorst aus Holz am Stamm einer Weißtanne in sieben Meter Höhe.

Die 20 Millimeter dicken Edelstahlschrauben wurden wie ein Implantat in den Baum eingefügt, die Wunde im Stamm desinfiziert und dann mit Baumharz verschlossen damit keine Pilze und Keime eindringen können und den Baum schädigen. Mit der Zeit werden die Schrauben von der Tanne wie eigene Äste anerkannt und von der Tanne umwachsen. Die Konstruktion des neuen Adlerhorsts auf dem Wildnispfad bei Baden-Baden im Nationalpark Schwarzwald ist für eine Verkehrslast von 21 Tonnen ausgelegt und soll etwa 20 Jahre halten.

20 Personen finden Platz auf der rund laufenden Bank in der Plattform Die Außenoptik aus Holzlatten erinnert an ein Vogelnest realen Adlerhorst und soll das Gefühl vermitteln, dass man sich in einem Nest befindet.

Entwicklungsphasen eines Baumes
An einer etwas größeren freien Stelle am Wildnispfad sammeln wir uns und Jens zeichnet mit seinem Stock einen runden Kreis in den Boden und erklärt an diesem die Entwicklungsstufen von der Keimung bis zur Zersetzung den Lebensrhythmus eines Baumes im Nationalpark.


Bäume könnten mehrere Generationen der Menschheit überdauern – wenn man sie lässt. Eine Fichte könnte ein Alter von bis zu 900 Jahre erreichen, Tannen 600 und Buchen 400 – 450 Jahre. In einem forstwirtschaftlichen Wald werden die Bäume jedoch mit 70 – 80 Jahren geerntet, mittlerweile im Zeitalter des Leimholz werden Platten für Möbel und Holzwände aus schmalen Holzstreifen hergestellt, so können Bäume sogar schon mit 30 – 40 Jahren gefällt werden.

Das Leben eines Baumes durchläuft mehrere Entwicklungsphasen:

Jugendphase
Nachdem der Samen keimt, z.B. der einer Tanne, wächst diese heran. In 20 – 30 Jahren wächst sie auf bis zu 10 Meter Höhe heran. Es ist aber auch möglich, dass die Tanne unter dem schützenden Nadeldach der Elternbäume nach 200 Jahren erst 3 Meter hoch ist. Die alten Bäume versorgen die junge Baumpflanze mit Nährstoffen aus dem Wurzelstystem. Das heranwachsende Bäumchen wartet einfach ab und schlummert vor sich hin bis z.B. ein Sturm Licht auf die Fläche bringt oder andere Bäume absterben. Jetzt kann es loslegen und durchstarten.

Optimalphase
Am vitalsten ist der Baum in der Optimalphase, dem Erwachsenenalter. Er wächst empor, in dieser Phase besitzt er durch seinen hohen Harzanteil die höchste Abwehrkraft gegen Pilze und Insekten. Die Optimalphase eines Baumes kann bis zu 500 Jahre dauern. In dieser Zeit kann er eine Höhe von 50 Meter erreichen und sein Stammdurchmesser auf bis zu zwei Meter anwachsen.

Altersphase
Die Optimalphase geht in die Altersphase über – Für den Nationalpark beginnt nun der Mehrwert des Baumes, er altert, die ersten Äste fangen an auszutrocknen und brechen ab. Aufgrund von Schnee- oder Windbruch wird er anfälliger, es dringen Pilze in den Baum ein und schädigen ihn. Käfer nisten sich in der Rinde und dem Holz des Baumes ein, der Baum bietet nun Lebensraum für eine Vielzahl von Arten. Die Altersphase des Baumes kann mehrere Jahrzehnte, sogar Jahrhunderte andauern.

Zerfallsphase
Ist das letzte Blatt bzw. die letzte Nadel vom Baum gefallen beginnt die letzte Phase des Baumes. Der abgestorbene Nadelbaum steht nackt und silbrig-grau wie eine Silhouette im Wald und bietet Lebensraum für viele Käferarten, Spinnen und Pilze, die Spechte klopfen ihre Höhlen in die nackten Stämme.

Genau diesen Anspruch stellen die Höhlenbrüter wie der Schwarzspecht an ihr Habitat. Er hämmert seine ovalen Höhlen am liebsten in den Stamm freistehender Buchen, demzufolge dringen Pilze und deren Sporen in den Baum ein, der Fäulnisprozess kann beginnen. Alle paar Jahre überarbeitet der Schwarzspecht seine Höhlen.

Lebensraum des Dreizehnspecht

Der Lebensraum des vom Aussterben bedrohten Dreizehnspecht ist an den Borkenkäfer gebunden, denn er ernährt sich jährlich von etwa 5 kg Borkenkäfer. Je weniger Borkenkäfer es in einem Jahr gibt, je schlechter ist das für den Dreizehenspecht, man verzeichnet einen leichten Rückgang im Bestand seit 2015. Sein Habitat besteht aus Fichten, Borkenkäfer, Altersphase und Zerfallsphase.

Die Jungvögel füttert er mit Insekten und Bockkäfern.
Die Zerfallsphase des stehend oder liegenden Totholzes dauert bis es vollständig zersetzt und in Humus zerfallen ist. Hier können Pilzarten, die für die Forschung interessant sind gedeihen, so z.B. die Zitronengelbe Trameta, die im Südteil des Nationalpark Schwarzwald im Bannwald Wilder See gefunden wurde und die Totholzmengen und den Rotrandigen Baumschwamm zum Wachsen benötigt.
Solche Totholzflächen dienen als Grundlage für neuen Lebensraum von Pflanzen und Tiere.

 

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