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Vogelzug – Die jährliche Wanderung der Vögel


Schon lange weiß der Mensch, dass alljährlich im Frühjahr und Herbst fast die Hälfte aller Vogelarten
ziehen. Ein wiederkehrendes Naturschauspiel, dass die Menschen früher oftmals ratlos, heute wo wir die
Gründe für diese beschwerlichen Reisen kennen, umso mehr begeistert.


Doch warum nehmen Vögel solche Strapazen auf sich?

Dazu Prof. Dr. Martin Wikelski, Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie:
«DIE WANDERLUST IST TIEF IN DEN TIEREN VERANKERT: SOBALD ES AN EINEM ANDEREN ORT BESSERE
BEDINGUNGEN FÜR DIE FORTPFLANZUNG ODER DAS ÜBERLEBEN GIBT, WERDEN TIERE WANDERN»

Der Grund für diesen Vogelzug liegt also vornehmlich in der Nahrungsaufnahme, für Insektenfresser gibt es
bei uns im Winter fast keine Nahrung, Körnerfresser dagegen finden auch im Winter Nahrung, ziehen
deshalb auch weniger. Wiederum andere Vögel stellen im Winter einfach ihre Nahrung um, dann werden
statt Insekten vermehrt Samen und Beeren verzehrt.

Natürlich sind auch die Brutbedingungen entscheidend, die sind bei uns wiederum wohl besser, was die
Vögel veranlasst hier zu brüten.

Woher weiß man überhaupt, dass Vögel ziehen?

Im Winter sind viele Vögel weg, früher dachte man, dass Vögel Winterschlaf halten (siehe die Schriften von
Aristoteles und Naturforscher Carl von Linné), die Schwalben würden am Teichgrund überwintern, Störche
und Kraniche zum Mond ziehen, bis im Jahr 1822 zufällig ein Weißstörchin in Mecklenburg geschossen
wurde, in der ein afrikanischer Pfeil steckte, den man sogar einem bestimmten Volksstamm zuordnen
konnte – es war klar, dieser Storch war in Afrika.

Die Forscher wollten mehr wissen, so wurden 1890 erstmals Vögel beringt. Ab 1903 wurde die Beringung
von Vögeln durch die Vogelwarte Rossitten systematisch durchgeführt. Es werden leichte Metallringe oder
auch Farbringe mit fortlaufenden Nummern und Kennzeichen der Beringungsstation verwendet.

Wiederfunde geben Aufschluss zum Vogelzug und Alter der Vögel. Es werden Wiederfundkarten erstellt,
die es den Wissenschaftlern ermöglichen, Auskunft über die Zugwege und Alter der Vögel zu erhalten.
Allerdings ist die Beringung nur bei eingefangenen oder tot aufgefunden Vögeln erfolgreich. Der Fund muss
natürlich der Beringungsstation gemeldet bzw. bei einem Farbring die Daten übermittelt werden.
So z.B. die Beringung der Uferschnepfe 535619 v. 8.5.2013, Fund im April 2023 am Beltringharder Koog.


Mittlerweile gibt es neben der Beringung weitere Erforschungsmöglichkeiten des Vogelzugs

Satelitenelemetrie
- Satelitensender auf dem Rücken der Zugvögel (Bestimmung der Koordinaten durch Peilung),
  dies ist eine teure Methode, die Sender sind schwer und deshalb nur für größere Vögel
  bestimmt, die Haltbarkeit ist begrenzt, da sie mit Batterie betrieben werden.
- PTT-Sender sind eine neue Generation die unter 5 g wiegen und daher auch kleinere Vögel
  wie z.B. Baumfalken besendert werden können.

GPS-Empfänger /Geolokatoren
- Leichter und billiger
- Befestigung am Vogelbein
- GPS- Empfänger registrieren Zeit getaktet den Aufenthaltsort des Vogels
- Geolokatoren bestimmen Datum, Uhrzeit und Tageslänge, Nachteil ist, dass besenderte
  Vögel müssen wieder eingefangen werden, damit die Daten ausgelesen werden können
- Neuere GPS- Empfänger funktionieren ähnlich wie ein Handy, fliegt ein Vogel in ein
  Handynetz, werden die GPS-Daten gemeldet.

Radiotelemetrie
- Für Vögel im Umkreis von 15 km bestimmt
- Befestigung an Schwanzfedern oder auf dem Rücken
- Für Bestimmung der Reviergröße gedacht
- Für die Zugvogelforschung ist der Einsatz begrenzt

Radar
- Zielfolgeradars für die Vogelbeobachtung
- Arten sind nur selten identifizierbar
- Schätzung von Anzahl, Position, Zughöhe und Richtung und Flügelsschlagfrequenz

Einteilung der Vogelarten, Standvögel, Teilzieher und was es noch so gibt…..

Wie oben geschrieben, zieht aber nur ein Teil unserer Vögel, es gibt einige Arten, bei denen nur ein Teil der
Vögel zieht, der andere Teil diese beschwerliche Reise nicht auf sich nimmt. Diese Einteilung hat sich in den
letzten Jahren bedingt durch den Klimawandel verschoben, in den nächsten Jahren wird es hier bestimmt
noch einiges verändern.

Die Vögel können in verschiedene Gruppen eingeteilt werden:

Standvögel sind heimische Vögel, die das ganze Jahr über an einem Ort bleiben, z.B. Zaunkönig, Blaumeise, Kohlmeise, Amsel

Teilzieher ziehen nur, wenn sie durch Kälte oder Nahrungsnot dazu gezwungen sind. Sie ziehen nur so weit bis Sie geeignete
Lebensbedingungen finden und kehren sobald es möglich ist wieder ins Brutgebiet zurück. Sie zählen zu den Kurzstreckenziehern

Kurzstreckenzieher – ziehen nur wenige 1000 km weit.
Frühere Kurzstreckenzieher werden immer häufiger zu Standvögeln,
z.B. überwintern viele der Kraniche in Norddeutschland.
Ebenso bleiben einige wenige von Feldlerche, Zilpzalp,Mönchgrasmücke, Hausrotschwanz in Deutschland
solange es keinen anhaltenden Frost gibt. In den letzten Jahrzehnten verbringen Mönchengrasmücken den
Winter immer häufiger in Großbritannien.

Langstreckenzieher ziehen 10 000 – 20 000 km weit

Kurz- und Langstreckenzieher brüten in Europa, verbringen den Winter aber wegen Nahrungsmangel
(Insekten) in wärmeren Gebieten.

Unterscheidung der Zugvögel in Tag- und Nachtzieher

Die meisten Zugvogelarten ziehen in der Nacht und können am Tag der Nahrungssuche nachgehen.
Während dem Vogelzug benötigen sie viel Energie und müssen deshalb mehr Nahrung zu sich nehmen.
Auch ist es vorteilhafter in der Nacht zu ziehen, da es weniger Turbulenzen in der Luft gibt, der Wind nicht
so stark weht und die Luft auch kühler als am Tag ist, was das Fliegen erleichtert.

Große Vögel wie Weißstörche und Greifvogelarten sind auf thermische Aufwinde angewiesen und fliegen
am Tag. Ebenso bei Tag fliegen Kurzstreckenzieher wie z.B. Finken und Ammern.


Manche fliegen alleine, im Schwarm oder Familienverband oder in V-Formation in der die hinteren Vögel
im Windschatten der vorderen fliegen und sich dabei abwechseln. Bei den Pfuhlschnepfen fliegen die
Altvögel einige Wochen vor den Jungvögeln.

Die Zugvogelrouten

In Mitteleuropa verbringen den Winter z.B. Rotdrossel, Bergfink, Singschwan. Sie ziehen nur soweit bis Sie
geeignete Lebensbedingungen finden, kehren sobald als möglich ins Brutgebiet zurück.

Zugvögel aus Mittel- und Nordeuropa fliegen in südwestlicher Richtung über Gibraltar oder Südspanien
nach Südafrika, z.B. Schwarz- und Weißstorch, Rot- und Schwarzmilan, Schwalben, Segler.

Zugvögel aus Osteuropa fliegen in südöstliche Richtung über Bospotus und Türkei nach Südafrika.
Der Rückzug im Frühjahr erfolgt in umgekehrter Richtung.

Navigation und Orientierung der Vögel

Die Zugvögel nehmen mit einem speziellen Sinn (vermutlich im Bereich der Augen) das Erdmagnetfeld
wahr. Nachtzieher orientieren sich am Sternenhimmel. Vögel sind lernfähig, erfahren die Strecke durch
erfahrene Altvögel. Tagzieher haben ein Gedächtnis für Landmarken oder orientieren ich am Sonnenstand.
Die Navigation funktioniert so wie es ein Pilot in den Anfängen der Luftfahrt gemacht hat.

Woher wissen die Vögel wann es Zeit sich auf den Flug zu machen

Ein angeborener Aufbruchssinn wird von einer inneren Uhr gesteuert, vor dem Abflug macht sich eine
ausgeprägte Zugunruhe bemerkbar, egal ob es noch warm ist oder viel Nahrung vorhanden ist. Ebenso
angeboren ist die Zugrichtung und durch das Zeitprogramm ziehen die Vögel so lange bis sie genau dort
landen wo sich ihr Winterquartier befindet.

Rekordflieger

Unter den Zugvögeln gibt es auch Rekordflieger. Die Streifengans in einer Flughöhe von rund 9000 m, der
Mauersegler rund 8000 m. Die längste Strecke mit 20000 km fliegt die Küstenseeschwalbe aus dem hohen
Norden zum Winterquartier in der Antarktis. Und nicht zuletzt, der Rubinkolibri mit einem Gewicht von 4
Gramm fliegt 1000 km ohne Pause. Alles Höchstleistungen die morgen schon wieder eingestellt sein
könnten, einfach weil unsere Erforschungsmöglichkeiten immer genauer werden.

Warum es nicht alle Vögel schaffen, die Gefahren auf der Zugvogelroute

Der Vogelzug ist natürlich mit großen Gefahren verbunden. So z.B.
- Prädatoren, z.B. Greifvögel oder Rautbiere
- Eleonorenfalken auf den Felsinseln im Mittelmeergebiet sind Koloniebrüter, deren Brutzeit
  ist dem Vogelzug angepasst, um ihre Jungvögel zu füttern
- Jagd der Zugvögel durch den „Un-Mensch“ (Greifvögel), Kleinvogelfang (z.B. Ortolan zum
  Verzehr oder Vogelfang zur Käfighaltung
- Sehr häufig gibt es Unglücke durch Lichtverschmutzung (beleuchtete Bürogebäude oder
  Leuchttürme) und auch Windkraftanlagen
- Stürme bringen die Zugvögel vom Kurs ab, sie erreichen nie ihr Winterquartier
- Zugvögel werden auf dem Zugweg krank und sterben oder finden nicht genügend Nahrung
  um Energie aufzutanken.
- Die Zugvögel kommen am Ziel an und ihr Lebensraum im Brut- und Überwinterungsgebiet
  ist nicht mehr vorhanden.
- Nicht zuletzt der im mehr steigende Einsatz von Pestiziden. Am Verzehr der gespritzten
  Nahrung sterben sie.


Quellen:
Die Vögel Mitteleuropas im Portrait
Das große Buch vom Vogelzug – Franz Bairlein
Ornithologie für Einsteiger – Michael Wink
https://naturschutz.ch/news/forschung/zugvoegel-gab-es-schon-waehrend-der-letzten-eiszeit/143593

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