Die Geschichte des Kurhaus Sand
Es bedurfte einiges Glück, dass ausgerechnet Josef Martin Weis zu den Pionieren der Wirte an der Schwarzwaldhochstraße wurde. Im Jahr 1874, im für damalige Verhältnisse reifen Alter von 57 Jahren wird der beim Großherzoglichen Gendarmeriekorps angestellte Josef Martin Weis krankheitsbedingt pensioniert. Der Pensionär sucht nach einer Nebenbeschäftigung, immerhin ist er der Ernährer einer achtköpfigen Familie. Die Stadt Bühl erkennt in Weis den richtigen Mann, die 1845 von der Stadt Bühl errichtete Schutzhütte mit Schankbetrieb auf dem Sand zu übernehmen.
Die einfache Hütte auf dem Sand (828 MüNn) liegt im Jahr 1874 natürlich noch nicht an der heutigen Schwarzwaldhochstraße, der Streckenverlauf der Straße besteht aber schon. Für den Holztransport gibt es aber bereits einen im Jahr 1870 angelegten Fahrweg aus Schottersteinen, ab Lichtental/Baden-Baden verläuft der Fahrweg neben dem Grobbach zu den Geroldsauer Wasserfällen und Schwanenwasen, in Schlangenkurven geht es steil aufwärts zur Bühlerhöhe und Sand bis zur Hundseck.
Die nur Eingeschossige Hütte ist recht einfach, ausgelegt für Waldarbeiter und Fuhrpersonal ohne große Ansprüche. Es gibt einen Schankraum und eine Küche, ein Nebenzimmer und ein Schlafgemach. Für Gäste die übernachten wollen steht nur der Stall oder Schopf zur Verfügung.
Dass das nicht so bleibt, liegt an mehreren Gründen, zum einen ist Maria eine ausgezeichnete Köchin, die mit ihrem guten Essen und ihrer herzlichen Art die Gäste in der Wirtsstube verwöhnt. Zum anderen an dem Wandel der Zeit, so dass die Familie Weis genau zum richtigen Zeitpunkt als Wirtsehepaar auf den Schwarzwaldhöhen ist.
Um das Jahr 1840 wird die Kurstadt Baden-Baden durch die neu entstandene badische Eisenbahnlinie mit reichlich Gästen versorgt. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entdecken diese adeligen und wohlhabenden Bürger das Höhengebiet im Schwarzwald als Erholungs- und Urlaubsort. Zuvor wurden die Höhengebiete des Schwarzwalds eher als "feindlicher" Lebensraum betrachtet. Jetzt erwandern Kurgäste, die besonders aus Baden-Baden kommen, damals als Sommerfrischler oder Luftschnapper bezeichnet, den Schwarzwald.
Prof. Dr. Julius Euting eine bemerkenswerte Persönlichkeit
So kommt es, dass die Zahl der Gäste stetig steigt, die anspruchvolleren Gäste möchten natürlich nicht in Stall oder Schopf nächtigen. Einer der ersten Gäste ist Prof. Dr.Julius Eutings, der kleine liebenswerte Mann, dem wir hier einen eigenen Artikel widmen möchten, muss ein wahres Energiebündel gewesen sein, so konnte er mehr als 10 Sprachen fließend sprechen. Er ist es, der Josef Martin Weis zu einem Um- und Anbau ermuntert, um weitere Gäste aufnehmen zu können.
Der Professor beschreibt und bemalt dem Wirtshaus auf dem Sand sogar eigenhändig ein neues großformatiges Schild, das nunmehr das alte kleine und unscheinbare Schild ersetzte. So trafen auf Prof. Dr.Julius Eutings Empfehlung dann auch bald zahlreiche vornehme Kurgäste, wie sie damals genannt wurden, aus dem Straßburger Raum im Nordschwarzwald ein.
Das Ende der Ära Weis auf dem Sand, der Pachtvertrag läuft aus
Im Jahr 1882 läuft der Pachtvertrag mit der Stadt Bühl aus, überraschenderweise bewirbt sich Weis nicht um eine Verlängerung. Schon lange spielten Weis und seine Ehefrau Maria mit dem Gedanken am Plättig ein Höhenhotel zu errichten. Das Hotel auf dem Sand lief zwar hervorragend, es gehörte ihnen aber nicht. Wie es mit den Weis auf dem Plättig weitergeht lesen sie im Artikel über das Kurhaus Plättig.
Friedrich August Maier wird der neue Pächter auf dem Sand
Friedrich August Maier wird ab 1883 der neue Pächter auf dem Sand. Er ist der Küchenchef und Sohn des Wirtes Ignaz Maier vom "Goldene Kreuz" in Lichtental. Der Koch wird später als Gefolgsmann des ersten Reichskanzler Otto von Bismarck bekannt, was heute ein Denkmal gegenüber dem Sandhotel bezeugt. 1890 kann er das 1882 gepachtete Kurhaus auf dem Sand der Stadt Bühl abkaufen. Gleich nach dem Kauf errichtet der "Sandmaier" wie er mittlerweile genannt wird ein dem Altbau angeschlossenen Hotelneubau. Altbau und Neubau erhalten durch die Umbaumaßnahmen des Baden-Badener Architekten Leonhard Treusch das Erscheinungsbild eines Hauses im Schweizer Landhaustil. Der Hotelbau wird 1891 sogar in Anwesenheit von Großherzog Friedrich von Baden eingeweiht. Großherzog Friedrich von Baden verweilte auf dem Sand um neben dem Neubau auch den nach ihm benannten Aussichtsturm auf der Badener Höhe einzuweihen.
Der Hotelbetrieb auf dem Sand
Das neue Kurhaus Sand kann endlich den Ansprüchen der zum Teil adligen Gäste genügen. So besitzt das Hotel fließend Wasser auf allen Stockwerken, es gibt einen großen Speisesaal, Lese- und weitere Zimmer die der Unterhaltung der Gäste dienen. Friedrich August Maier und seine umtriebige Ehefrau Josefine, die den Hotelbetrieb leitet, schaffen es das Kurhaus auf dem Sand zu einem der angesehensten Höhenhotels im Nordschwarzwald zu machen.
In den folgenden Jahren werden einige Personen des Hochadels auf dem Sand einkehren. So waren 1892 die holländische Königin Wilhelmine und ihre Mutter auf dem Sand zu Gast. Im darauf folgenden Jahr speiste Kaiserin Elisabeth mit der Erzherzogin Valerie auf dem Sand. Viele Gäste kommen zur Erholung ins Kurhaus, ein besonderer Punkt der Unterhaltung der Gäste ist hierbei auch die Jagd. Friedrich August Maier selbst ist als passionierter Jäger bekannt, was auch das 1905 im Kurhaus eingerichtete Jagdzimmer zeigt. Daneben ist Maier aber immer offen für Neues, so stellt er bereits 1893 seinen Wintergästen die damals aufkommenden Skier "Schneeschuhe" zur Verfügung, siehe dazu auch den Artikel über Bundesvater Dinkelacker. Bekannt ist, dass Wilhelm Paulcke der Mitbegründer des deutschen Skiverbandes bereits im Winter 1892/93 erste Skitouren am Sand und Plättig unternahm.
Der 1. Weltkrieg beendet die Erfolgsgeschichte erstmals
Bereits vor 1906 gab es eine regelmäßige Automobilverbindung, Busse fuhren von Baden-Baden über den Plättig nach Sand und Hundseck. Der Busverkehr musste während dem ersten Weltkrieg eingestellt werden, da die Fahrzeuge für den Krieg requiriert wurden. So blieben auf den Hotels entlang der heutigen Schwarzwaldhochstraße die Gäste aus. Die vornehmlich reichen und adligen Gäste sollten größtenteils auch nicht mehr in die Hotels an der Schwarzwaldhochstraße zurück kommen. Nach dem Krieg waren es dafür vermehrt die Automobilisten, die den Nordschwarzwald für sich eroberten und in den Höhenhotels übernachteten.
1920 - Das Ende der Ära Maier auf dem Sand
Friedrich August Maier verkauft nach dem Krieg im Jahr 1920 sein Kurhaus auf dem Sand an die Firma Landerer & Reischmann. Es ist seine Tochter Amelie, inzwischen als Ehefrau eines reichen Hotelier an der Côte d’Azur selbst zur feinen Gesellschaft aufgestiegen, die den damals 65 Jährigen Maier zum Verkauf des Kurhauses bringt. Die Verkaufssumme ist nicht überliefert, aber so hoch sie auch sein mag, die Geldentwertung im Jahr 1923, die auf dem Höhepunkt der Inflation stattfindet macht das Geld wertlos. Seine Ehefrau Josefine stirbt 1926, Friedrich August Maier selbst fünf Jahre später am 11 Juni 1931.
Um das Jahr 1920 wurde an der Sandkreuzung eine Tankstelle neben dem Kurhaus eingerichtet, ab 1930 nahm ein Postamt den Betrieb auf, 1936 folgte die Einrichtung eines Polizeipostens. Alle drei Einrichtungen sind mittlerweile nicht mehr in Betrieb aber noch heute zu sehen.
1928 und 1932 das Kurhaus auf dem Sand wechselt die Besitzer
In den folgenden Jahren wechselt das Kurhaus mehrfach die Besitzer. Im Jahr 1928 verkaufen Landerer & Reischmann an den Verein für Genesungsfürsorge aus Mannheim, im Jahr 1932 geht das Kurhaus durch eine Zwangsversteigerung an Ferdinand Huse und Max Wiedemann.
Die Jahre von 1932 bis 2007
Unter den beiden Hoteliers erlebte das Hotel auf dem Sand eine neue Blütezeit, die erst durch den 2. Weltkriegs unterbrochen wird, nach Kriegsende aber weitergeht. Wobei es jetzt vor allem Wintergäste sind die im schneesicheren Schwarzwald ihren Sport betreiben. Nach dem Tod von Ferdinand Huse im Jahr 1954 führt Max Wiedemann (später Kurhaus Sand GmbH) das Hotel bis zu seinem Tod im Jahr 1966 weiter. Sein Bruder Ernst Wiedemann führt mit seiner Frau Amanda den Hotelbetrieb weiter. Amanda Wiedemann betreibt nach dem Tod ihres Mannes den Hotelbetrieb noch bis 1994, danach kann das Hotel nur noch für geschlossene Gesellschaften gebucht werden. Im Jahr 2005 wird der Gewerbeeintrag für das Hotel auf dem Sand gelöscht. Amanda Wiedemann wohnt bis zu ihrem Tod 2007 im Kurhaus auf dem Sand.
Der Nationalpark Schwarzwald als Retter?
Die Kurhaus Sand GmbH und die Stiftung "Paradiesbau auf Erden" haben die Verantwortung für das Gebäude das mittlerweile unter Denkmalschutz steht. Zum Kurhotel gehört auch die Skiwiese und der ehemalige Lift, sie versuchen das Gebäude an der Schwarzwaldhochstraße zu erhalten. Die Unterhaltung des Gebäudes erfordert natürlich Geld, daher wird schon seit geraumer Zeit versucht private Investoren ins Boot zu ziehen, was aber nicht gelingt. Josef Gramlich der Geschäftsführer und Testamentvollstrecker der Kurhaus Sand GmbH besitzt übrigens eine Generalvollmacht der Hundseckeigentümer, so hat er auch Anteil an der weiteren Entwicklung betreffend des ehemaligen Kurhaus Hundseck.
Es ist der erst im Juni 2013 gegründete Verein „Kulturerbe Schwarzwaldhochstraße“. der den Versuch betreibt das Kurhaus in den neu gegründeten Nationalpark einzubinden. Der Nationalpark Schwarzwald sollte vielleicht die Chance sein das Kurhaus Sand, dessen Inneneinrichtung größtenteils noch original erhalten ist, als Informationszentrum für den Nationalpark vor dem Verfall zu retten. Leider konnte diesem Wunsch, der bei der Alexanderschanze oder dem ehemaligen Pferdestall in Herrenwies verwirklicht wurde beim Kurhaus Sand nicht entsprochen werden.